In Deutschland gelten immer mehr Minderjährige als vermisst
In Deutschland werden kurz vor Jahresende mehr Minderjährige vermisst als noch vor einem Jahr. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) galten am 1. Dezember bundesweit 4.763 Minderjährige als vermisst: 1.604 Kinder und 3.159 Jugendliche. Im Jahr 2020 waren zum gleichen Stichtag 4.433 Minderjährige verschwunden.
Obwohl die Identifizierung sehr junger Flüchtlinge nach einer Gesetzesänderung im Frühjahr jetzt einfacher ist, stieg auch die Zahl der vermissten minderjährigen Geflüchteten. Zum Monatsanfang waren es laut BKA 1.736 junge Flüchtlinge, nach denen gesucht wurde. Die Zahl der vermissten minderjährigen Geflüchteten war in den Jahren zuvor kontinuierlich zurückgegangen. So galten im Dezember 2018 noch 3.380 junge Schutzsuchende als vermisst. Allerdings ging ein Teil dieser Zahl auf Mehrfachnennungen sowie unterschiedliche Namensschreibweisen zurück. Zwei Jahre später wurden noch rund 1.600 geflüchtete Minderjährige vermisst. Der Rückgang hing auch damit zusammen, dass insgesamt weniger Schutzsuchende nach Deutschland kamen.
Eine BKA-Sprecherin weist darauf hin, dass "noch existierende Doppelbestände" zu vermissten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen aufgrund unterschiedlicher Schreibweisen oder der Angabe unterschiedlicher Personalien bei den Behörden immer noch nicht gänzlich ausgeschlossen werden könnten. Dies gelte insbesondere für noch offene Vermisstenfälle, die zu Beginn der Flüchtlingswelle eingetreten und bis jetzt nicht erledigt seien.
Zu den vermissten Minderjährigen zählen solche, die sich regelmäßig entfernen – meist aus Jugendeinrichtungen – und dann nach kurzer Zeit wieder auftauchen. Außerdem zählen in diese Kategorie Minderjährige, die einem Elternteil zu Unrecht entzogen wurden. Die Aufklärungsquote ist bei Fällen, in denen Kinder vermisst werden, mit über 90 Prozent generell hoch. Bei minderjährigen Flüchtlingen ist diese Quote niedriger. Das liegt teilweise daran, dass manche Jugendliche aus dieser Gruppe – ohne dies den deutschen Behörden anzuzeigen – das Land verlassen, etwa um bei Verwandten in einem anderen EU-Staat zu leben.
Gemäß den Erfahrungen der Polizei lässt sich etwa die Hälfte aller Vermisstenfälle innerhalb der ersten Woche klären. Der Anteil der Minderjährigen und Erwachsenen, die länger als ein Jahr vermisst bleiben, liegt laut Polizeistatistik bei drei Prozent. Menschen gelten als vermisst, wenn sie ihren gewohnten Lebenskreis verlassen haben, ihr Aufenthalt unbekannt ist und für sie eine Gefahr für Leib oder Leben angenommen werden kann. Das bedeutet, sie können Opfer einer Straftat geworden sein oder es liegen ein Unglücksfall, Hilflosigkeit oder eine Selbsttötungsabsicht vor. Sind Minderjährige plötzlich verschwunden, gehen die Ermittler zunächst grundsätzlich von einer Gefahr für Leib oder Leben aus.
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(dpa/rt)
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